Kriegerische Auseinandersetzungen und deren Auswirkungen auf Werk- und Lieferverträge – Vertraglicher Regelungsbedarf

Aufgrund der Corona-Pandemie ist es in vielen Bereichen – vornehmlich im Bereich von Werk- und Lieferverträgen zu erheblichen Lieferverzögerungen gekommen.

Infolge des nunmehr in der Ukraine anhaltenden Krieges und der weltweit verhängten Sanktionen gegen Russland sind zudem die Preise vieler Baustoffe teilweise um mehr als 100% gestiegen. Dies betrifft insbesondere die Produktgruppen Stahl und Stahllegierungen, Aluminium, Kupfer, Erdölprodukte, Zementprodukte, Holz sowie weitere Materialien.

In laufenden oder neu abzuschließenden Werk- und Lieferverträgen stellt sich deshalb die Frage, wie mit den Materialpreissteigerungen und/oder Lieferverzögerungen gegenüber den Kunden umzugehen ist.

Staatliche Maßnahmen im Zusammenhang mit Vergabeverfahren

Um den Auswirkungen des Krieges und der Sanktionen entgegenzuwirken, hat das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen sowie das Bundesministerium für Digitales und Verkehr für Vergabeverfahren jeweils am 25. März 2022 Erlasse veröffentlicht, welche konkrete Anordnungen für die jeweils nachgeordneten Behörden innerhalb ihres Geschäftsbereiches enthalten.

Die Erlasse enthalten für Vergabeverfahren und für hiervon betroffene Verträge bestimmte Vorgaben, wie mit Preissteigerungen und Lieferverzögerungen jeweils umzugehen ist. So ist im Rahmen von Vergabesachen, bei denen die Vergabe- und Vertragsordnung, mithin auch die VOB/B vereinbart worden ist, anzunehmen, dass im Falle der Nichtbeschaffbarkeit bestimmter Materialien ein Fall von höherer Gewalt bzw. einem anderen unabwendbaren Ereignis im Sinne des § 6 Abs. 2 Nr. 1 lit. c) VOB/B vorliege. Im Falle von Preissteigerungen der betreffenden Materialien könne – je nach Einzelfall – von einer Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB auszugehen sein.

Vertraglicher Regelungsbedarf in der Privatwirtschaft

Die von den Bundesministerien veröffentlichten Erlasse stellen behördliche Anordnungen dar, welche sich an die jeweils nachgeordneten Behörden in Vergabeverfahren richten. Gegenüber Privaten – und somit auch gegenüber privaten Unternehmen – außerhalb von Vergabeverfahren sind die Erlasse mangels Außenwirkung nicht bindend.

Da die in den Erlassen geregelten Sachverhalte jedoch in gewissem Rahmen eine Vorbildfunktion für die Privatwirtschaft – insbesondere für Werk- und Lieferverträge – haben können, welche bekanntlich ebenfalls von den Auswirkungen des Krieges und der Sanktionen betroffen sind, ist es ratsam, bestehende – jedenfalls aber neu abzuschließende – Werk- und Lieferverträge um entsprechende Sonderregelungen zu ergänzen, damit im Falle weiterer Materialpreissteigerungen und Lieferverzögerungen der Auftragnehmer eine vertragliche Grundlage hat, mit deren Hilfe er von seinem Auftraggeber höhere Preise verlangen und/oder einen Anspruch auf längere Ausführungsfristen geltend machen kann.

Für ergänzende Rückfragen wenden Sie sich gerne an:

Dr. Daniel W. Hornschuh

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Dr. Martin Blüm

Dr. Martin Blüm, LL.M. (London)

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