Erste (!) Anpassung an die Zinsentwicklung endlich bei den Steuerzinsen

04.04.2022

Steuernachzahlungen und -erstattungen bei den sog. Veranlagungsteuern (Ertragsteuern und Umsatzsteuer) werden nach § 233a AO ab Monat 16 (wegen Corona 2019 ab Monat 22, 2020 ab Monat 19, 2021 voraussichtlich Monat 18) nach Ende des Veranlagungsjahrs mit 6% – unverändert im Wesentlichen seit Jahrzehnten – verzinst, sog. Nachzahlungszinsen. Der Zinsaufwand ist ertragsteuerlich nicht abzugsfähig (außer bei der Umsatzsteuer). Ein Zinsertrag ist dagegen steuerpflichtig (auf Antrag im Billigkeitswege Gegenrechnung von Steuerzinsaufwendungen im sachlichen und zeitlichen Zusammenhang).

Diese 6% Zinsen tauchen auch in anderen steuerlichen Vorschriften auf: Aussetzungs- und Stundungszinsen, die Ermittlung von steuerlichen Pensionsrückstellungen u.a.m. Säumniszuschläge kosten dagegen 12%.

Auch die schon seit 10 Jahren andauernde und auch heute noch nicht wirklich endliche Niedrigzinsperiode hat den Gesetzgeber nicht zum Handeln bewegt. Erst einzelne Gerichtsentscheidungen – betreffend die Jahre ab 2012 – haben den Weg bis zum Bundesverfassungsgericht gefunden. Es hat am 8.7.2021 entschieden, dass

  • die Zinshöhe schon ab 2014 hätte angepasst werden müssen
  • dem Gesetzgeber aber eine Reaktionszeit bis 31.12.2018 zuzugestehen ist
  • der Gesetzgeber ab 1.1.2019 bis spätestens 31.7.2022 eine Reparaturgesetzgebung schaffen muss.
  • Das Gericht hat weiter ausgesprochen, dass diese Grundsätze nicht für Aussetzung- und Stundungszinsen gelten, denn sie basieren in aller Regel auf einem Antrag des Steuerpflichtigen. Sie gelten auch nicht für Säumniszuschläge, die auf nicht rechtzeitigen Zahlungen des Steuerpflichtigen beruhen.

Doch auch in den anderen Verzinsungsfällen besteht jetzt struktureller Druck auf den Gesetzgeber.

Der mit Kabinettsbeschluss vom 30.3.2022 verabschiedete Regierungsentwurf eines Änderungsgesetzes zur Abgabenordnung sieht vor:

  • die Korrektur der Nachzahlungszinsen wie vorgegeben für Verzinsungszeiträume ab dem 1.1.2019
  • die neue Verzinsungshöhe: 1,8%
  • für höhere nach altem Recht festgesetzte Steuerzinsen bleibt die bisher angewendete Zinshöhe nach der Vertrauensschutzregelung des § 176 AO die Untergrenze.
  • Überprüfung alle 3 Jahre unter Anlehnung an die Entwicklung des Basiszinses nach § 247 BGB; eine Anpassung erfolgt nur, wenn dessen Abweichung einen Prozentpunkt beträgt, erstmals zum 1.1.2016.

Der Entwurf hebt hervor, dass jetzt erst einmal die Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts erfüllt werden soll. Eine gesetzliche Neuregelung der übrigen Steuerzinsen benötige noch mehr Zeit, um diese Verzinsungsregelungen in ein schlüssiges Konzept zu bringen.

Hieraus sollte man ableiten können, dass der Gesetzgeber da den 1.1.2023 anpeilt. Insofern sollte auch durch die jetzt anstehende Änderung der Regelung für die Nachzahlungszinsen ein Korrekturdruck auf die übrigen Steuerzinsenregelungen nach dem Grundsatz, dass steuerliche Vorschriften systemgerecht sein müssen, stehen.

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